Montag, 5. Oktober 2015

2015_10_05 Heimweh

Heute werden wieder 5500 Leute im grünen Sektor erwartet. Am Gate warten Flüchtlinge auf den weiteren Weg mit dem Bus und das rund um die Uhr. Ich sehe ein Baby ohne Socken und Schuhe, dafür mit eiskalten Füßen.... Überhaupt muss man darauf achten, dass die Familien ihre Kinder vernünftig anziehen.
Neulich nachts um 3 stand ein Kleinkind ohne Jacke,  Hose, Socken und Schuhe am Eingang. Ich wollte schon Klamotten besorgen,  da meinte die Mutter - im geschlossenen Anorak - es sei nicht nötig und sie habe Sachen da. Habe ihr dann befohlen, der Maus die Klamotten anzuziehen.  Hat sie gemacht. Aber kapiert?

Wir arbeiten bis zum Abwinken. Abends stehe ich mit Kasper am Gate und checke, ob die Babys alle Socken haben.

Dabei suche ich das Gespräch.
Wo kommst du her? (Syrien,  Afghanistan, Iran, Irak, Libanon)
Weshalb fliehst du?  (Taliban, Krieg und Terror, Angst)
Wo willst du hin? (Deutschland,  Holland,  Schweden, Österreich)
Was willst du dort machen? (LEBEN, Job, finden, Studium fortsetzen).

Viele Syrer sind gebildet, haben gute Berufe die wir in Deutschland dringend brauchen.In punkto Anstand können sich eine Menge Deutscher eine Scheibe abschneiden. Die Bildung der anderen Volksgruppen ist häufig niedriger. Hilfe brauchen die Menschen trotzdem!
Manchmal sind es ganze Familien mitsamt Oma und Opa am Stock.

So langsam kann ich die Volksgruppen auseinander halten. Ein junger Afghane steht im Lager.
Hey, wie geht es dir?
Er hat seine Familie in der Türkei verloren, weint fast. Er hat so schrecklich Heimweh. Er will nach Hause, seine Familie wieder haben. Was soll er nur machen? Der nächste Bus rückt an, er muss sich richten. Der traurige Afghane muss weiter Richtung Deutschland.
Als Flüchtling ist man hier in einer Einbahnstraße.
Take care, boy.

In der Mode-Boutique helfen gemalte Symbole bei der Auswahl der Klamotten. Wenn nicht viel los ist, lassen wir die Flüchtlinge auch herein, um selbst ihren Bedarf wählen zu können. Bei Andrang klappt das nicht.

Schuhe können wir nur selten abgeben, einfach mangels Masse. Eine Lösung ist die Plastiktüte. Einen trockenen Strumpf - sofern vorhanden - in eine Plastiktüte stecken. Ab damit in den alten dreckigen und nassen Schuh. Weiter geht die Reise. Sorry, wir können nicht mehr tun.

Mit frischen Socken in den Jackentaschen suche die Kinder, die mit ihren Familien in der Schlange auf die Busse warten. Kasper ist dabei und kontrolliert, ob auch alle Schuhe oder wenigstens warme Socken über die Füßchen angezogen bekommen haben. Pro Busladung Flüchtlinge muss ich Socken herausrücken.

Was ist denn das? Ein junger Syrer mit einem Rucksack, einer Bauchtasche und einer Plastiktüte. Und einem Geigenkasten. Darf ich ein Foto machen? Ich darf.
Wir tauschen noch schnell unsere Facebook-Kontakte aus.
Machs gut, take care!  

Es ist nicht der erste Musiker den ich sehe. Das erste war ein kleines Mädchen mit ihrer Melodika. Andere hatten allerlei Zupfinstrumente gut verpackt dabei, die ganze Reise lang.  




Die Geige muss mit nach Deutschland.



Sorry, I have no shoes.... oh, let me see, if I can help you....

Irgendwie braucht die Frau Schuhe. Die Socken sind gerade alle.

Musterschuh: Plan B bei nassen Schuhen.


Für wen braucht man ein Kleidungsstück?

Was genau brauchst du?

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